Apulienreise der Pfarre

11. Mai 2019

Symbolfoto zum Artikel: Apulienreise der Pfarre

Apulien – Land der heiligen…
Nikoläuse oder Nikolause – Hand auf´s Herz: kennen Sie die korrekte Mehrzahl von Nikolaus? Und doch – in Apulien (Süditalien) braucht man sie, denn hier werden gleich zwei Heilige dieses Namens hoch verehrt: Nikolaus von Myra als Schutzpatron von Bari und Nikolaus der Pilger (Nicola Pellegrino) als Schutzpatron von Trani. Bari stand am Beginn unserer Pfarrreise nach Apulien, an der vom 6. bis 11. Mai 2019 fünfzehn Pilger aus unserem Pfarrumfeld teilgenommen haben, Trani am Ende. Grund genug, um uns ein bisschen näher mit diesen beiden Heiligen auseinander zu setzen.»»
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Nikolaus von Myra – ihn kennt wohl jedes Kind und jeder, der einmal ein Kind gewesen ist. Dieser hl. Nikolaus ist der Patron der Kinder und der Geschenkebringer am 6. Dezember – einer der populärsten Heiligen im Kirchenjahr! Und dennoch – über sein Leben wissen wir nur sehr wenig. Nikolaus soll zwischen 270 und 286 in Patara, einer Stadt in Lykien (damals römisches Reich, heute Türkei) geboren worden sein. Der Überlieferung zufolge wurde er mit 19 Jahren von seinem Onkel Nikolaus (Bruder seiner Mutter), dem damaligen Bischof von Myra (heute Demre, Türkei), zum Priester geweiht und alsbald Abt des Klosters Sion in der Nähe von Myra. Während der Christenverfolgung unter Kaiser Diokletian (zwischen 236 und 245 bis um 312) wurde er 310 gefangen genommen und gefoltert. Sein ererbtes Vermögen verteilte er unter den Notleidenden – daher die zahlreichen Legenden um seine Mildtätigkeit. Wann Nikolaus seinem Onkel als Bischof von Myra nachfolgte ist nicht genau bekannt.
325 soll er am Konzil von Nicäa teilgenommen haben und dort sehr vehement gegen die Irrlehre der Arianer aufgetreten sein. Deshalb sei er zuerst verhaftet, gegen Ende des Konzils aber rehabilitiert worden. Nikolaus ist aber nicht in der Unterzeichner-Liste von Nicäa enthalten, die allerdings unvollständig überliefert ist.

Nikolaus starb am 6. Dezember 326, 345, 351 oder 365. Sein Leichnam wurde in Myra bestattet. 1087 raubten süditalienische Seeleute die Reliquien und überführten sie ins heimatliche Bari, wo sie am 7. Mai 1087 angekommen sind – heute noch Grund genug für ein dreitägiges Fest in der Stadt. Die Reliquien befinden sich in der Krypta der zwischen 1087 und 1106 errichteten normannischen Basilika San Nicola in Bari.

Im Zuge von Renovierungsarbeiten an der Basilika wurde am 5. Mai 1953 das Grab geöffnet und die Gebeine einer forensischen Untersuchung durch den Gerichtsmediziner Luigi Martino unterzogen. Das am 7. Mai 1957 veröffentlichte Gutachten stellte fest, dass es sich um die Überreste eines 72 bis 80 Jahre alten Mannes handelt, der 167 cm groß war. Die Untersuchung des Skeletts ergab verschiedene Befunde. Der Verstorbene litt unter schwerer chronischer Arthritis an der Wirbelsäule und am Becken. Zudem zeigte sich am Schädelknochen eine Verdickung, die möglicherweise chronische Kopfschmerzen verursachte. Jahre später erhielt der Pathologe Franco Introna Fotos und Skizzen dieser Untersuchung und wertete sie mit modernen wissenschaftlichen Methoden aus. Dabei konnte er erkennen, dass das Skelett nicht vollständig, der Schädel aber weitestgehend intakt geblieben ist und sich nur am linken Unterkiefer eine Lücke befindet. Diese Ergebnisse verwendete die Anthropologin Caroline Wilkinson, um das Gesicht des historischen Nikolaus zu rekonstruieren. Sie erkannte bei den Modellierungsarbeiten eine Asymmetrie der Nase, was auf einen Nasenbeinbruch zurückzuführen ist. 2014 aktualisierte Wilkinson ihre Arbeit mithilfe eines modernen Gesichtsrekonstruktionsprogramms an der School of Art and Design der Liverpool John Moores University – seitdem ist das wahre Gesicht des hl. Nikolaus bekannt.

Nikolaus der Pilger – San Nicola Pellegrino – , bei uns weitestgehend unbekannt, ist der Patron der Stadt Trani und des Erzbistums Trani-Barletta-Bisceglie. Im Heiligenregister wird er als Einsiedler, Narr um Christi willen und Märtyrer geführt. Seine Lebensgeschichte ist weitestgehend legendär. 1075 in Stirion, heute Stiri bei Livadia in Griechenland als Kind armer Bauern geboren, arbeitete er zunächst in seiner Heimat als Viehhirte. Eines Tages fing er – erfüllt von göttlicher Gnade – an, laut und ohne Unterlass „Kyrie eleison“ - „Herr, erbarme dich“ zu rufen. Seine Mutter hielt dies für ein Zeichen der Besessenheit und brachte ihn zu den Mönchen im Kloster Stirion; er aber rief auch hier sein „Kyrie eleison“, worauf die Mönche ihn schlugen und einsperrten, schließlich sogar an Händen und Füßen gefesselt ins Meer warfen. Ein Delphin soll ihn aber unversehrt an Land gebracht und losgebunden haben. Auf wundersame Weise überquerte Nikolaus nun das Meer und kam nach Otranto in Apulien. Auch hier rief er beständig „Kyrie eleison“, was einige Wunder bewirkte, weshalb er schon bald allgemeine Verehrung genoss, andererseits wurde er auch hier des Wahnsinns verdächtigt. Schließlich kam er nach Trani, wo er wegen seiner Ausrufe viele schwere Schläge zu ertragen hatte, wodurch er nur zwölf Tage nach seiner Ankunft am 2. Juni 1094 verstarb.

Nach seinem Tod ereigneten sich zahlreiche Wunder, die zu seiner Verehrung als Heiligen führten. Bereits 1098 wurde Nikolaus von Papst Urban II. (um 1035; Papst von 1088 bis 1099) heiliggesprochen. Der Erzbischof von Trani ließ zu seinen Ehren die Kathedrale San Nicola, einen direkt am Meer gelegenen Normannenbau von ergreifender Schlichtheit, bauen und 1143 seine Gebeine in die Krypta dieser Kirche übertragen.

Hier – am Grab des hl. Pilgers Nikolaus – begannen wir den letzten Tag unseres Aufenthalts in Apulien. Dazwischen lag eine Zeit, in der wir dieses unbeschreiblich schöne Land kennenlernen durften – und dafür möchten wir Gott danken, der es geschaffen hat!

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