Portrait über Franz Sommer in VISION 2000

6. November 2009

Symbolfoto zum Artikel: Portrait über Franz Sommer in VISION 2000

Franz Sommer erinnert sich an sein Gelöbnis, das er im Krieg gegeben hatte. Sein Engagement für den Bau der Kapelle wird bestärkt als der Staatsvertrag im Jahr 1955 unterzeichnet wird. Eine Woche nach der Unterzeichnung am 22. Mai 1955 wird der Grundstein für eine Fatima Friedens- und Gedächtniskapelle, etwas außerhalb von Bierbaum, gelegt.
Ein Portrait über Franz Sommer in VISION 2000 von Alexa Gaspari.

Wie ich auf Franz Sommer gestoßen bin? Eine liebe Freundin – Portrait in VISION 2000 – gab mir unlängst einen Zeitungsartikel über den „Erfinder“ der Dreikönigsaktion. Schon lange hatte sie mich auf ihn aufmerksam machen wollen, sagte sie. Und so kommt es, dass wir wieder einmal eine Reise in die Südsteiermark antreten. Unser Ziel ist die Fatimakapelle (oder Friedenskirche – auch eine „Erfindung” von Franz Sommer übrigens) bei Bierbaum. Nicht ganz leicht zu finden, aber malerisch mitten im Wald gelegen. Dort, in einem Nebengebäude, wohnt Franz Sommer gemeinsam mit der Gemeinschaft „Maria, Königin des Friedens“, die seit 2001 die pastorale Betreuung des Wallfahrtsortes übernommen hat.

In seiner Wohnung erzählt mir der 88-jährige aus seinem Leben: Geboren in Bierbaum am Auersbach als drittes von 5 Kindern – zwei Brüder sterben schon im Kleinkindalter – übersiedeln die Eltern – der Vater gelernter Schmied, die Mutter ausgebildete Krankenschwester – bald nach seiner Geburt in einen Nachbarort und übernehmen einen kleinen Bauernhof von einer Tante. Nach acht Jahren Volksschule arbeitet Franz dann in der elterlichen Landwirtschaft mit.

Auf die Frage, ob er daheim religiös erzogen worden sei, antwortet er mit solcher Selbstverständlichkeit:„Ja, sicher“, dass sich jede weitere Frage erübrigt. Wie sehr dieser kulturgeprägte Glaube sein ganzes Leben durchzogen und geprägt hat, erfahre ich dann durch seine Schilderungen. Mit 19 Jahren wird er nach Wien in die Karlskaserne eingezogen und zum Funker und Fernsprecher ausgebildet. Noch ist er mit der Ausbildung nicht fertig, als er nach Polen in den Krieg geschickt wird. Schon nach kurzer Zeit erleidet er einen Oberschenkeldurchschuss.

Kaum ist die Verletzung halbwegs ausgeheilt, wird er zum Panzerjäger ausgebildet und nach Nordfrankreich geschickt, wo die Invasion nach England vorbereitet wird. Weiter geht es nach Südfrankreich. Zum geplanten Einsatz in Afrika kommt es nicht, weil er an Malaria erkrankt. Also zurück ins Rheinland. Dass es für Deutschland nicht so rosig aussieht, erfährt er durch die Sondermeldungen, welche die Kameraden heimlich abhören: „Die eigenen Nachrichten haben ja nicht die Wahrheit gesagt,“ erinnert er sich. Im Rheinland wird er nun als Nachrichtenmann für die Flak (Fliegerabwehrkanone) ausgebildet. „Wir haben überhaupt nicht gewusst, wo wir gebraucht werden. Überall waren Ausfälle, da wurden wir dann kurzfristig eingesetzt.“

1943 kommt er wieder nach Frankreich in die Normandie. Seine Einheit erlebt hier die Landung der Alliierten. Für ihn ist es die schlimmste Zeit des Krieges: „Die Alliierten sind zuerst vom Meer aus gekommen, dann mit Flugzeugen gelandet. Die Übermacht war enorm. Von überall her wurden wir beschossen. Es war furchtbar. Damals habe ich gelobt: ,Wenn Gott mich aus dieser Hölle heil nach Hause kommen lässt, werde ich mein ganzes Leben hindurch niemandem eine gute Bitte abschlagen und zur Ehre der Gottesmutter immer Gutes tun.’ Vier Wochen haben wir standgehalten, dann kam der Rückzug.“

Seine Einheit muss bis an die Seine zurück. Alles wird in den Wäldern zurückgelassen. So finden er und seine Kameraden endlich Proviant, denn schon lange plagt sie der Hunger. Schnell ist ein Sack gefüllt und hinunter an den Fluss gezogen, wo sie sich in einem Keller verstecken. Langes Warten auf die Fähre, Tieffliegerangriffe. Als sie endlich wie durch ein Wunder heil drüben sind, flüchten sie in eine Halle und richten sich auf der Ladefläche eines dort im Eingang abgestellten Lastwagens ein – „hoffentlich nimmt der Fahrer uns mit!“ –, um endlich etwas zu essen. Da schreit einer: „Volle Deckung: Tiefflieger!“ Schon die erste Bombe direkt auf den Lastwagen. Das Führerhaus brennt, sie können nicht mehr aus der Halle, die voll mit Treibstoffkanistern ist. Franz Sommer nimmt kaum wahr, dass die Kappe verbrannt, die Kleidung versengt, alles voll Öl ist. Noch spürt er die Granatsplitter, die er in Rücken und Bauch abbekommen hat, nicht. Zu groß ist der Schock. Der einzige Gedanke: nichts wie hinaus. Also irgendwie über das hoch aufgestapelte Treibstofflager nach hinten in die Halle und dort durch eine Lücke hinaus. Irgendwie schafft er es. Die Halle jedenfalls geht in Flammen auf. Draußen wälzt er sich am Boden, um die brennende Kleidung zu löschen, wirft die Kappe weg, die Haare sind verbrannt. Er läuft ein Stück weg, bricht zusammen, kann sich nicht mehr erheben, schreit um Hilfe. Einige Soldaten tragen ihn weg.

„Ich bin am Bauch gelegen und hab’ g’hört, wie sie über mich gesprochen haben: ,Der schaut schiach aus, wir müssen schnell gehen’.“ In einem Zelt wird ihm seine verbrannte Kleidung entfernt und am Hauptverbandsplatz werden ihm einige Grantasplitter notdürftig entfernt. Vier Splitter, die nicht entfernt werden konnten, hat er heute noch im Bauch. Ein Wunder gab es bei all dem Unglück allerdings auch: „Im Notizbuch, das ich in der Brusttasche hatte, steckte ein Splitter.“ „Ohne das Notizbuch, könnten Sie mir jetzt wohl nicht gegenübersitzen,“ sage ich. „Stimmt,“ lacht er, „der wäre im Herzen gesteckt. Die Mutter hat dieses Notizbuch bis zu ihrem Tod sorgsam aufbewahrt,“ was ich gut nachvollziehen kann.

Dann elf Tage Transport im Lazarettzug. Die Verletzten liegen im Viehwaggon eng nebeneinander. Neben Sommer liegt ein schwer verletzter Russe mit starken Schmerzen, der schreit und stöhnt: Oberschenkelschuß, eine große Wunde, schwer vereitert. „Das hat wirklich schiach ausg’sehen und gestunken. Einen Wasserstau hatte er auch. Furchtbar! Es war kaum zum Aushalten.“ In der Nacht ist der Russe plötzlich ruhig: „Der Kollege ist still geworden.“ Ich staune: Sommer spricht nicht vom Feind, sondern von einem Kollegen. Sommer greift nach ihm – er ist tot. Noch einige Tage wird er neben dem toten Kamaraden liegen. Kaum vorstellbar, was das für eine Erfahrung gewesen sein muss.

In der Nähe von Passau wird Sommer noch einmal operiert, aber, wie gesagt, vier Splitter bleiben ihm erhalten – und nach einem sechswöchigen Erholungsaufenthalt wird er neuerlich eingezogen!!! Diesmal geht es Richtung Plattensee. Auf dem Weg dorthin gerät er in Gefangenschaft und landet zu guter Letzt in einem kanadischen Gefangenenlager in Friesland. Im Oktober 1945 wird er entlassen und kann heimfahren.

„Hat Sie der Krieg nicht daran zweifeln lassen – nach all dem, was Sie selbst und rund um sich erlebt haben –, dass es einen gütigen Gott gibt?“ Ich kann die Frage einfach nicht unterdrücken. Er lacht: „Nein, ich hab nur gewusst, dass es keinen gütigen Hitler gibt! Dass es einen gütigen Gott gibt, daran habe ich schon immer geglaubt.“ „Und diesen Glauben konnte Ihnen auch Hitler nicht nehmen?!“ „Nein, nein,“ beruhigt er mich, „der Hitler war weit weg von Gott.“

Dann überlegt Sommer: „Es gab ja viele Momente im Krieg, wo ich wusste, wenn ich jetzt keine Hilfe von oben bekomme, dann passiert etwas Furchtbares. Einmal, in Frankreich, in einem Waldabschnitt, war ich zur Nachtwache eingeteilt zwischen 23 Uhr und ein Uhr. Da musste ich eine Strecke abmarschieren und höre plötzlich ein Knistern, kann aber nichts sehen. Ich gehe weiter – wieder ein Knistern, das näher kommt. Und plötzlich steht er da: der Feind. Was soll ich jetzt machen? Die Waffe hatte ich ja umgehängt. Nach der sollte ich jetzt greifen – schnell. Da schießt mir ein Gedanke durch den Kopf: Nimm deine Kappe ab und verneig dich.“ Sommer muss lachen, als er mir das erzählt: „Und der andere macht das gleiche: Nimmt seine Kappe ab, verneigt sich, setzt sie wieder auf, dreht sich um und geht. Ich bin auch wieder gegangen. Gut is g’angen.“

Andere hätten anders gehandelt, erzählt er, haben gleich geschossen – und sind zum Teil dann selbst schwer verletzt worden. „Ich hatte den Mann doch nie vorher gesehen. Er hatte mir nichts getan. Ich tu´ ihm daher nichts. Geh wieder, wie du gekommen bist, hab ich gedacht. Warum soll ich den umbringen? Wir sind ja nur verhetzt worden, er auch.“ Nachdenklich fügt er hinzu: „Es gab viele Gelegenheiten im Krieg, wo man etwas vermeiden konnte.“

„Nach dem Krieg war mir klar, dass ich aus Dank etwas machen musste,“ setzt er seine Erzählung fort. „Nur was, das wusste ich nicht gleich.“ Obwohl er doch wirklich viel hatte aushalten müssen: Kein Ärger nur Dank! Im November sieht er die Familie wieder. Der Vater war auch eingerückt, aber lang vor dem Sohn daheim. „Alles war armselig beinander. Mutter und Schwestern waren geflüchtet gewesen. Nun mussten wir von vorne wieder anfangen.“ Auch die Pfarre. Beim Aufbau der Pfarre mitzuhelfen, ist für den nun 24-jährigen selbstverständlich. Er wird Jugendleiter und errichtet in Bierbaum ein Jugendheim.

Zu Hause beginnen die Sommers mit Gemüseanbau. Der Sohn arbeitet mit. Die Leute, vor allem aus der Stadt, sind auf der Suche nach Lebensmitteln. „Wir haben vor allem Paradeiser angebaut – 4000 Stöcke. Danach hat die Mutter mit der Schweinezucht begonnen. 100 Säue hatte sie bald.“ Von Graz kommen die Leute, um frisches Fleisch zu kaufen.

Von 1953 bis 1957 arbeitet Sommer als Verkäufer in einem Geschäft. Dann stirbt der Vater und Franz kehrt heim, um die Sauzucht zu betreuen. 1968 grassiert eine infektiöse Gelbsucht in der Umgebung. Über 65 Menschen stecken sich an, darunter eine seiner Schwestern und schließlich auch Franz. Der Arzt schickt ihn gleich ins Spital nach Feldbach.

Während andere relativ rasch wieder entlassen werden, muss Franz Sommer aufgrund seiner schlechten Werte sechs Monate im Spital bleiben. Und deswegen fällt seine Teilnahme an der Dreikönigs-Aktion des Jahres 1969 beinahe ins Wasser. Ja, die Dreikönigs-Aktion! Sie ist ja der Grund, warum ich nach Bierbaum gekommen bin. Franz Sommer ist nämlich einer ihrer Initiatoren. Wie alles begann?

Das war so: 1948 schickt der Pfarrer den Franz auf Exerzitien nach Kremsmünster. Dort ist viel von Mission und deren finanziellen Nöten die Rede. „Wie könnten wir die Mission unterstützen?“, fragt der Exerzitienleiter die Anwesenden. Jeder soll auf einen Zettel einen Vorschlag für ein Unterstützungsprojekt schreiben. Franz Sommers Vorschlag: das Sternsingen, das bis dahin von Kindern für die eigene Tasche betrieben wurde, sollte von Männer, die am Dreikönigstag als Hl. Drei Könige verkleidet gehen, für die Mission durchgeführt werden.

Der Pater findet, das sei eine gute Idee, Ja, das sollte man durchführen. Er bittet Sommer so eine Aktion zu starten. Und das dürfte die Geburtsstunde der Dreikönigs-Aktion, die mittlerweile in mehreren Ländern jedes Jahr für die Mission durchgeführt wird, gewesen sein.

Zunächst besucht aber Sommer Anfang des Jahres einen Mesnerkurs in Wien. Er vergisst aber nicht auf das Versprechen, das er im Krieg gegeben hatte: keine gute Bitte abzuschlagen. Im Advent 1949 beginnt er also mit den Vorbereitungen für den ersten Dreikönigsgang. Und dann marschieren sie beim ersten Mal zu dritt los, drei singende Männer. Der Erfolg gibt der Idee recht: Es kommen 580 Schilling in der Pfarre zusammen. Ein beachtlicher Betrag für die damalige äußerst schlechte wirtschaftliche Situation. Als der Leiter der Missionsverkehrsgesellschaft (MIVA) das Geld bekommt, bittet er Franz Sommer, diese Aktion unbedingt fortzusetzen und auszuweiten.

Also machen sich im nächsten Jahr bereits zwei Männergruppen auf den Weg. Sternträger kommen dazu. In den folgenden Jahren werden es bis zu vier Gruppen sein. Die Männer singen dreistimmig. Eine Gruppe besucht in der Südsteiermark von Bierbaum bis Wundschuh (fast 50 km) jede Pfarre. Übernachtet wird unterwegs dort, wo sie willkommen sind. Später gehen sie weiter bis nach Graz.

Franz Sommer überlegt, ob sie in Graz nicht auch in ein Krankenhaus gehen könnten: gesagt, getan. Bei den Barmherzigen Brüdern werden sie mit offenen Armen empfangen. Die Kranken freuen sich. Noch am selben Tag bekommen sie Anfragen von zwei weiteren Krankenhäusern. Der Prior der Barmherzigen Brüder hätte am liebsten, dass sie noch am selben Tag nach Wien ins Krankenhaus der Brüder fahren. Doch dazu ist es zu spät, aber die Gruppe sagt für das nächste Jahr zu.

Von da an fahren die Sternsinger nach Wien und gehen in die Krankenhäuser. Drei weitere Gruppen machen sich in andere Richtungen auf. Auf Sommers Anregung hin wird allen Pfarren vorgeschlagen, ein Sternsingen für die Mission durchzuführen. In den Pfarren wird die Dreikönigs-Aktion dann an die Jungschar übergeben.

Franz Sommer beschränkt sich mit seiner Gruppe von da an auf Wiener Krankenhäuser. In Wien hat er nämlich nach seinem langen Krankenhausaufenthalt eine Stelle als Portier im orthopädischen Spital in Speising angenommen. In der dortigen Josefskirche ist er außerdem als Mesner tätig.

Nach 25 Jahren hat sich die Dreikönigs-Aktion überallhin ausgebreitet. Franz Sommer möchte sich zurückziehen, wird aber vom Krankenhaus-Seelsorgereferenten des Ordinariates in Wien gebeten, in den Wiener Spitälern weiterzumachen. Das Geld, das hereinkommt, soll Leprastationen zugute kommen. „So kamen wir zu dem Entschluss, bei Kranken für Kranke zu singen – und zwar jeweils in der Zeit vom 28. Dezember bis zum 12. Jänner.“

Wie hat er diese Aktion in der Zeit, wo er noch Schweinezucht betrieben hat, durchführen können? „Ein bis zwei Nachbarinnen haben dann zu Hause ausgeholfen, damit ich für die Dreikönigs-Aktion frei sein konnte. Alles geht, wenn der Wille vorhanden ist,“ meint er lächelnd. Bis 1999 – also 50 Jahre lang! – bleibt Sommer mit großer Freude dem Projekt treu. 350 Sängern konnte er insgesamt für dieses Anliegen begeistern. Übrigens haben öfters auch ganz echte „Schwarze“ als König Melchior mitgesungen.

Und woher hatten sie die wunderschönen Kostüme? „Die hat die Mutter zunächst alle selbst genäht.“ Mehrere Garnituren im Laufe der Jahre, denn bei den langen Märschen wurden sie sehr beansprucht. Aus den Resten der alten Königsgewänder wurden jeweils neue genäht.

Wie viel ist denn bei so einem Sternsingen hereingekommen? Säcke mit 30 bis 40 Kilo Hartgeld, überlegt er.

Wer nun meint, diese Aktion sei Franz Sommers einzige Freizeitbeschäftigung gewesen, irrt gewaltig. Eines Tages, wahrscheinlich im Jahr 1953, erkrankt ein zweijähriger Bub, der kleine Helmut, Sohn des Kaufmanns in Bierbaum, an einer schweren Diabetes. Auf die Fürsprache der Muttergottes wird er wunderbarerweise vollständig geheilt. Der Vater ersteht eine Fatima-Muttergottes-Statue – vermutlich aus Gips – und bittet Franz Sommer ihm beim Bau einer Fatimakapelle zu helfen. Als Startkapital spendet der Kaufmann 500 Schilling.

Franz Sommer erinnert sich an sein Gelöbnis und steigt auf die Bitte ein. Bestärkt wird sein Engagement für den Bau der Kapelle als der Staatsvertrag 1955 unterzeichnet wird. Eine Woche nach der Unterzeichnung am 22. Mai 1955 wird der Grundstein für eine Fatima Friedens- und Gedächtniskapelle etwas außerhalb von Bierbaum gelegt. Mithilfe der katholischen Landjugend und vielen Wohltätern können bald die Mauern der Kapelle aufgestellt werden. Im Herbst 1956 wird das Kuppelkreuz geweiht. 1957 wird das Relief „Maria, Königin des Friedens“ angebracht.

In den folgenden Jahren wird weiter gearbeitet. Die Pläne zeichnet Sommer in Nachtarbeit. Er bevorzugt einen etwas orientalischen Stil. Lachend erzählt er: „Manchen hat sie gefallen, anderen nicht. Was macht denn der für einen Tempel, ist der verrückt?“

Das Teuerste, so erzählt er, waren die Fenster. Die werden sozusagen verkauft: Jeder konnte allein oder zu mehreren so ein Fenster erstehen, etwa 18 000 Schilling das Stück. „Alles wurde mit Spenden finanziert.“ Sommer selbst steckt jede freie Minute und jeden Groschen in den Bau, freut sich immer schon auf seinen Gehalt, weil er dann wieder ein fehlendes Teil kaufen kann. Mithilfe des Bauordens wird 1973 mit dem Bau eines Nebengebäude – auch hier zeichnet er die Pläne selbst – begonnen: „Eigentlich sollte es ein Heim für alte und behinderte Menschen werden. Aber es war klar, dass den ganzen Komplex eines Tages eine Ordensgemeinschaft übernehmen sollte.“

Bezüglich der Finanzierung erzählt er folgende kleine Geschichte: „Ein Journalist hat den Rohbau entdeckt und ist der Sache nachgegangen. Er hat mich in Wien besucht und einen Bericht in seiner Zeitung geschrieben. Eine Frau, die den Artikel gelesen hatte, hat sich dann bei mir gemeldet und wollte etwas spenden. Nach Besichtigung an Ort und Stelle stiftet sie 680 000 Schilling für die Fenster. Noch am Sterbebett bittet sie ihren Bruder, weitere 100 000 zu geben.“ Und eine Krankenschwester hat sogar über eine Million Schilling gespendet.

Am 15. August 1977 – Fest Maria Himmelfahrt – wird die Fatimakapelle unter großer Teilnahme der Bevölkerung feierlich eingeweiht. Wegen des großen Zustroms wird der ursprüngliche Bau erweitert. Der Anbau wird 1992 fertiggestellt. Lange Zeit begrüßt Sommer selbst die Pilger und erzählt die Entstehungsgeschichte. Meint schmunzelnd dazu:„Immer wieder hat einer gesagt: Ja, ich hatte im Krieg auch versprochen... Hast noch nichts getan? Hab ich gefragt. Na, dann wird’s höchste Zeit.“

Hat sich nun eine Ordensgemeinschaft gefunden, die den Komplex übernommen hat?

Nach vielem Hin und Her – einige Orden und Priester hatten zwischendurch Interesse gezeigt –übernahm nun die franziskanisch-marianische Gemeinschaft „Maria Königin des Friedens” – sie verdankt ihre Entstehung den Erscheinungen in Medjugorje, wo Maria als „Königin des Friedens” verehrt wird – den Gebäudekomplex im Wald nahe Bierbaum. Zufall oder Vorsehung? Immerhin steht seit dem Jahr 1957 auf dem Relief an einer der Außenwände der Kapelle: „O Maria, Königin des Friedens, bitte für uns.”

Durch ihr Wirken geben die Brüder und Schwestern der Gemeinschaft in der Liebe zu Gott und in Ihm in der Liebe zu allen Menschen die Botschaft des Evangeliums weiter. Sie wollen der Welt ein Zeugnis von Frieden und Versöhnung geben.

All das passt wunderbar zu dem dreifachen Dank, aufgrund dessen der Komplex hier erbaut wurde:

Dank für die geschenkte Freiheit Österreichs, das nun in Frieden leben darf,
Dank für die wiedererlangte Gesundheit eines Kindes und
Dank für die Heimkehr Franz Sommers aus dem Krieg.

Im September 2001 wurde der Fatimakomplex vom Grazer Diözesanbischof Egon Kapellari als Kloster gegründet und der Gemeinschaft übergeben.

Nach dem Interview verabschiede ich mich von dem bescheidenen Mann, der sich selbst offensichtlich stets hintangestellt und mit großer Standfestigkeit, treu und beharrlich an seinem Gelöbnis festgehalten hat – vielleicht ohne große emotionale Höhenflüge, aber mit einem selbstverständlichen Glauben, der ganz mit seiner Person verschmolzen ist.

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