Geschichte

Historischer Überblick

Maria Lanzendorf zählt zu den ältesten Wallfahrtsorten Österreichs. Die Kirche ist der Schmerzensmutter, der Pieta, geweiht und mit besonderen Gnadengaben ausgestattet. Seit Jahrhunderten, niemand vermag zu sagen, wann der Pilgerstrom eingesetzt hat, erfahren hier Pilger von nah und fern Nähe und Beistand, aber auch Trost und Hilfe der Schmerzensmutter, selbst dargestellt in tiefstem Leid einer Mutter mit ihrem geschundenen, toten Sohn in den Armen. Die zahlreichen Votivbilder, von denen die kostbarsten in der Votivkapelle zu sehen sind, geben beredtes Zeugnis von menschlichen Schicksalen, die durch Hinwendung zur Gnadenmutter und Anflehung ihrer Hilfe eine glückliche Wendung genommen haben.

Die Ursprünge des Gnadenortes „Maria auf der Heyd“ sind von Legenden umrankt, wovon manche historischer Fakten zu entbehren scheint. In den folgenden Ausführungen sollen Legenden und historisch belegbare Fakten, aber auch die heutigen Strukturen, welche die Pfarr- und Wallfahrtskirche, das Kloster, den Kalvarienberg und die Pfarre umfassen, getrennt dargestellt werden.

Pfarr-, Kloster- und Wallfahrtskirche Maria Lanzendorf

Gründungslegenden: Die legenden- und mythenumwobene Geschichte Maria Lanzendorfs beginnt noch zu Lebzeiten von Zeitzeugen Christi. Sie wurden in der Barockzeit von P. Franciscus Caccia (Mater dolorosa et gratiosa, 1703) und von einem anonym gebliebenen Franziskanermönch (Klosterchronik, 1744) erstmals schriftlich festgehalten, wohl auch, um die Bedeutung des Ortes zu unterstreichen. Nach diesen Legenden fertigte der Porträtmaler Jakob Michel zwischen 1744 und 1746 sieben Monumentalgemälde, die 1746 an den Aussenwänden der Gnadenkapelle angebracht worden sind.

Sie berichten, dass schon 70, 71 oder 77 n. Chr. der Apostel und Evangelist Lukas hier den Markomannen die Heilsgeschichte gepredigt haben soll (1. Bild). In weiterer Folge sollen 174 n. Chr. christliche Legionäre Kaiser Marc Aurels nach siegreichem Kampf gegen die Markomannen hier ein „Beth Häußlein“ errichtet haben (2. Bild); 508 soll „Arthurus, Cronprintz aus Britanien“ hier ein Kirchlein zu Ehren des Hl. Lukas erbaut haben (3. Bild); 539 soll „Erntrudis eine Fürstin aus Franckhen“ hier vor einem Muttergottesbild gebetet haben (4. Bild); 791 soll Karl der Große hier die Hunnen geschlagen, das verwüstete Heiligtum wiedererrichtet und „sezet demnach mit eigner hand hinein die allzeit mit sich geführte bildnuß der schmertzhaften Mutter Gottes“, d.h. Karl der Große soll selbst des Bild der Schmerzensmutter, welches er ständig bei sich hatte, in die Kirche gebracht und hier eingesetzt haben (5. Bild); 1191 soll Herzog Leopold V., der Tugendhafte, seinen in der Schlacht von Akkon (3. Kreuzzug; 1189 - 1192) getragenen, blutgetränkten Waffenrock, auf den der Legende nach die österreichischen Nationalfarben Rot-Weiß-Rot zurückgehen, sein Schwert und seine Lanze der „schmertzhaften Mutter gottes“ übergeben haben (6. Bild); 1193 soll Lucas Kilian Rausch aus Brunn am Gebirge sein als Hauptmann über fünfhundert Bogenschützen in der Schlacht von Akkon gegebenes Gelöbnis eingelöst und die von ihm gegründete St. Sebastiansbruderschaft zur Wallfahrt nach Maria Lanzendorf geführt haben (7. Bild) – eine Tradition, die heute von der Pfarre Brunn am Gebirge wahrgenommen wird und immer noch jährlich stattfindet.

Historische Fakten: Die erste urkundlich gesicherte Erwähnung des Gnadenortes „Maria auf der Heyd“ stammt aus dem Jahr 1145. In dieser Urkunde wird erwähnt, dass eine ältere, von Feinden zerstörte Kirche wieder aufgebaut worden ist. Eine aus dem Jahr 1267 stammende Anordnung besagt, dass in dieser Kirche, vermutlich einer kleinen Kapelle, täglich die Hl. Messe zu feiern sei, und 1418 wurde Maria Lanzendorf erstmals als Wallfahrtsort erwähnt.

Die nächsten gesicherten Daten stammen aus der Zeit der Türkenkriege (1. Türkenbelagerung Wiens: 1529; 2. Türkenbelagerung Wiens: 1683) und der Pestepidemie in Wien (1679). 1544 berichtete eine geistliche Untersuchungskommission, dass Kirche und Pfarrhof (siehe unten "Pfarre") seit dem Türkeneinfall von 1529 verwüstet und nicht wieder aufgebaut worden seien.

In den folgenden Jahren muss das Kirchlein auf der Heide revitalisiert worden sein, denn aus Berichten geht hervor, dass Priester aus Oberlaa und aus St. Stephan in Wien zur Feier des Messopfers in die Kapelle kamen. Dennoch, im 16. und in der ersten Hälfte des 17. Jhdts. führte der Gnadenort ein Schattendasein. Erst die große Pestepidemie von 1679, die Wien und seine Umgebung beinahe entvölkert hat, brachte die Menschen dazu, Schutz und Trost bei der Gnadenmutter von Maria Lanzendorf zu suchen und zu finden. Der Pilgerstrom riss fortan nicht mehr ab, aber schon 1683 wurde das Kirchlein von den türkischen Heeren erneut verwüstet und geschändet, aber nicht völlig zerstört. Das gotische Gnadenbild, eine Statue der Schmerzensmutter, gilt seither als verschollen.

Unmittelbar nach Abzug der türkischen Belagerer schuf Anton Fiechtl, ein Bildhauer aus Gumpoldskirchen, die heute verehrte Darstellung der Pieta – wohl in Anlehnung an das ursprüngliche Gnadenbild. Die Betreuung der Kirche übernahm Wilhelm Frosch, ein Laienbruder des Dritten Ordens des Hl. Franziskus, aber das Kirchlein war dem Pilgerstrom bald nicht mehr gewachsen, und so übergab Kaiser Leopold I. 1696 den Gnadenort den Franziskanern von Wien zur Betreuung und ordnete die Errichtung eines Klosters und den Bau des heutigen Gotteshauses unter Einbeziehung der vorhandenen Substanz (heutige Gnadenkapelle) an. Die Kaiserlichen Majestäten, Kaiser Leopold I. und Kaiserin Eleonore Magdalena Theresia (geb. Eleonore von Pfalz-Neuburg; 3. Ehefrau Leopold I. und Mutter seiner Söhne) verfügten, dass die Gnadenkapelle „wegen ihres hohen Alters in ihren Mauern, in ihrer äußeren Gestalt wie auch in der Lage unverändert und unangetastet bleibe: denn sie sei ein heiliger und gnadenvoller Ort“. In einem Stiftungsbrief vom 5. März 1697 schenkte die damalige Gutsherrin von Oberlanzendorf, Anna Maria Barbara von Pännitz, geb. Braßicanin von Emerberg, Erbfrau auf Oberlanzendorf, der „Uhralten Kirchen Unser Lieben Frauen auf der Hayd bei Lanzendorf“ Grund und Boden zum Bau von Kirche und Kloster – ein Areal, das bis heute in Kirchenbesitz ist. Mit der Grundsteinlegung, die Kaiser Leopold I. am 15. September 1699 persönlich in Beisein von Kaiserin Eleonore Magdalena Theresia, seiner Söhne, des römischen Königs Josef (später Kaiser Josef I.) und des Erzherzogs Karl (später Kaiser Karl VI.), des Fürstbischofs von Wien, Ernest Graf von Trautson, zahlreicher Erzherzoginnen und einem großen Gefolge vorgenommen hat, beginnt die Geschichte der heutigen Pfarr- und Wallfahrtskirche, aber auch die Geschichte einer engen Beziehung des Gnadenortes zum Kaiserhaus und dessen Nachkommen, die bis heute andauert. Mit der Bauausführung wurde der renommierte Baumeister Franz Jänckl beauftragt, von dem auch die Baupläne stammen, die allerdings vom „Kayserlichen Kammerbeinstecher“ Matthias Steinl, einem vom Kaiserhaus bevorzugten Bildhauer und Architekten, überarbeitet worden sind. Jänckl hat, dem kaiserlichen Auftrag entsprechend, die bestehende Gnadenkapelle überwölbt und, nach Entfernung von Erweiterungsbauten, als abschließendes Presbyterium in den Bau integriert. Den Gnadenaltar stiftete 1700 Fürst Paul I. Esterházy (Stiftungsbrief vom 28. Dezember 1700), die Marmorverkleidung der Stirnseite der Gnadenkapelle 1701 Jakob von Löwenburg. Nach nicht einmal vierjähriger Bauzeit konnten am 24. April 1703 das Gotteshaus, die Gnadenkapelle mit dem Gnadenaltar sowie sechs weitere, größtenteils von Fürstin Eva Esterházy (gest. 1716 und hier beigesetzt, siehe Epitaph im Kirchenschiff) zwischen 1700 und 1703 gestiftete Altäre (Hl. Anna- und der heutige St. Florian-Altar, St. Sebastian- und Maria Immaculata-Altar, Kreuzaltar und Altar der Hl. Sippe – beides Werke von Matthias Steinl; siehe herausragende Kunstwerke) durch den Fürstbischof von Wien, Franz Anton Fürst von Harrach zu Rorau, konsekriert werden. Der Pilgerstrom zum neu errichteten Heiligtum der Schmerzensmutter war enorm, wohl ausgelöst durch die Kunde von zahlreichen Gebetserhörungen. So wird in der Klosterchronik vermerkt, dass zwischen 19. Mai 1706 und 5. Juni 1707 nicht weniger als 56.933 Hostien konsekriert und den Gläubigen gespendet worden sind.

Diesem Ansturm – es war die Zeit der Hochblüte des Pilgerwesens in Österreich - war das Gotteshaus nicht gewachsen, und so entschloss man sich 1728, das Gotteshaus nach Osten hin um einen von einer mächtigen Kuppel gekrönten Chorraum, das heutige Presbyterium, zu erweitern, wodurch die Gnadenkapelle innerhalb des Kirchenschiffes zu liegen kam. Mit der Gestaltung der Kuppel und der Altäre des Chorraumes (Hochaltar mit der Darstellung Christi am Ölberg sowie die Seitenaltäre der Hll. Franziskus und Antonius) wurde Johann Michael Rottmayr beauftragt (siehe herausragende Kunstobjekte). Der Erweiterungsbau und die drei neu geschaffenen Altäre wurden am 22. Oktober 1731 durch den Fürsterzbischof von Wien, Sigismund Graf von Kollonitsch, konsekriert. Damit hatte die Kirche von Maria Lanzendorf ihr heutiges Aussehen bekommen.

Das weitere Schicksal des Heiligtums verlief wechselhaft. Das 1783 von Kaiser Joseph II. verhängte Verbot von Wallfahrtsprozessionen, aber auch die Ideologie der Aufklärung führten dazu, dass auch in Maria Lanzendorf der Pilgerstrom zusehends nachließ. Zwischen 1803 und 1808 bedrohten Überflutungen das Heiligtum, und 1809 wurde die Kirche von den Truppen Napoleons geplündert und verwüstet. Selbst das Gnadenbild war bedroht und musste, buchstäblich in letzter Minute, nach Wien in Sicherheit gebracht werden. Am 2. Dezember 1809 kehrte die Schmerzensmutter von Maria Lanzendorf in feierlicher Prozession in „Ihr Heiligtum“ zurück – es war und ist dies das einzige Mal, dass Sie den Gnadenort verlassen hat! Selbst 1945, als in den letzten Kriegstagen Maria Lanzendorf in den Bereich der Fronten geriet, blieb Sie vor Ort! Am 4. April 1945 wurden Kirchtürme und Dach in Brand geschossen und gingen in Flammen auf, das zwischen 1729 und 1730 von Rottmayr geschaffene Kuppelfresko „Beschluss des ewigen Vaters über die Menschwerdung seines Sohnes“ erlitt so schwere Schäden, dass es bis auf acht Fragmente, die sich seit 1956 in der Obhut des Bundesdenkmalamtes befinden, unrettbar verloren war – aber der Gnadenort war gerettet. Die Renovierungsarbeiten dauerten bis 1956 und wurden mit der Aufbringung des heutigen Kuppelfreskos „Geheimnis der Erlösung“ durch Wolfram Köberl abgeschlossen.

Bis 2005 galt die Gnadenkapelle auch als einzige, erhalten gebliebene Bausubstanz der Vorgängerkirche. Im Zuge von Renovierungsarbeiten (2002 bis 2007) wurde aber 2004 ein Gruftraum unter dem Kirchenschiff geöffnet, dessen Mauern aus dem späten 15. Jhdt. stammen. In der Gruft fand man die sterblichen Überreste von etwa einhundert Menschen. Sie wurden vom Bundesdenkmalamt für Bodendenkmale katalogisiert und geborgen, und, nach Abschluss der wissenschaftlichen Untersuchungen, am 2. November 2007 neuerlich feierlich eingesegnet und an ihrem ursprünglichen Ort wieder bestattet.

2006 wurden die Kirche mit der Mariensäule und den sie am Kirchplatz umgebenden Heiligenfiguren, das Kloster, der Kalvarienberg und das in Privatbesitz befindliche, angrenzende Gasthaus „Zur Hl. Dreifaltigkeit“ zum besterhaltenen Barockensemble seiner Art des Landes erkoren.

Herausragende Kunstwerke: Die Pfarr- und Wallfahrtskirche von Maria Lanzendorf ist außerordentlich reich an Kunstschätzen. Einige sind aber von besonderer Qualität, und diese sollen hier kurz vorgestellt werden.

Werke von Matthias Steinl (um 1644 bis 1727), einem der bedeutendsten Barockbildhauer (insbes. Elfenbeinschnitzer) und Architekten Österreichs: „Kreuzaltar“ und „Altar der Heiligen Sippe“: 1703; Der „Kreuzaltar“ (links vom Haupteingang) zeigt u.a. die figurale Darstellung von Christus am Kreuz, flankiert von den beiden Schächern, seiner Mutter Maria und seines Lieblingsjüngers Johannes, zu seinen Füßen Maria Magdalena. Der „Altar der Heiligen Sippe“ (rechts vom Haupteingang) zeigt u.a. das Christuskind, umgeben von Engeln, darunter die Halbplastiken seiner Mutter und des Hl. Josefs, sowie von Zacharias und Elisabeth, flankiert von seinen Großeltern, Anna und Joachim. In den Altar ist eine Tabernakelkrippe integriert, die allerdings nur zur Weihnachtszeit zu sehen ist.

Werke von Johann Michael Rottmayr (1654 bis 1730), einem der wichtigsten Barockmaler Österreichs. Alle hier angeführten Werke sind Spätwerke, zum Teil im Todesjahr Rottmayrs entstanden. Sie zeigen seine volle künstlerische Reife: „Stichkappen“ im Kuppelbereich des Presbyteriums: 1728/30. Die vier nach dem Brand von 1945 erhalten gebliebenen Stichkappen zeigen vier alttestamentarische Szenen: „Moses und die eherne Schlange“, „Das Opfer Noahs“, „Das Opfer Abrahams`“ und „Den Lobgesang König Davids“. „Hochaltar“, „Franziskusaltar“ und „Antoniusaltar“ im Presbyterium: 1728/30. Der „Hochaltar“ zeigt Christus in seiner Todesangst am Ölberg, wie ihm ein Engel den Kelch des Leidens reicht und im Hintergrund bereits seine Häscher nahen. Am „Franziskusaltar“ ist der Hl. Franziskus im Augenblick seiner Stigmatisierung in La Verna dargestellt. Das Altarbild am „Antoniusaltar“ zeigt den Hl. Antonius im Zwiegespräch mit dem Jesuskind. Die Bilder tragen die Signatur Rottmayr´s neben der Jahreszahl 1730. Beide Bilder - der Hl. Franziskus und der Hl. Antonius - wurden 2011 in den Werkstätten des Bundesdenkmalamtes restauriert, gereinigt und von späteren Übermalungen befreit. Sie erstrahlen jetzt wieder in ihrer ursprünglichen Schönheit.

Werke von Br. Lazarus Vogel: Lazarus Vogel war Franziskanerbruder, lebte in der ersten Hälfte des 18. Jhdts. in Maria Lanzendorf, und schuf eines der schönsten Kunstwerke dieser Kirche: den „Tabernakel am Hochaltar“: um 1730. Der Tabernakel zeigt Christus am Kreuz in einem Weinstock mit Trauben, umgeben von vier anbetenden Engeln von ungemein starker Ausdruckskraft und Schönheit.

Orgel von Gottfried Sonnholz (1695 bis 1781) und Ferdinand Molzer jun. (1886 bis 1970): Sonnholz (auch Sonholz, Sonnenholz, Sonnholzer, Sonnenholzer und Summerholzer), einer der berühmtesten Orgelbauer seiner Zeit, schuf 1744 die Orgel von Maria Lanzendorf unter Einbeziehung vorhandener, älterer Elemente. Er verwendete für die Metallpfeifen eine hochwertige Zinn-Blei-Legierung mit einem Zinn-Anteil von 82,68%. Von ihm stammen noch das Hauptwerkgehäuse, die Prospektregister sowie Teile der Holz- und Metallpfeifen. 1940 wurde die Orgel von Ferdinand Molzer jun. umgebaut und dem damaligen Stand der Technik angepasst. Sie umfasst heute 27 Register. 2012 erfuhr die Orgel eine weitreichende Restaurierung und Instandsetzung.

Kloster

Das Kloster von Maria Lanzendorf ist eine Gründung Kaiser Leopold I. (1640 – 1705), dessen Initialen auch heute noch an der Decke des Klosterrefektoriums zu sehen sind. Nach der Türkenbelagerung von 1683 war das „Kirchlein auf der Heyd“ verwaist, bis sich 1693 Wilhelm Frosch, ein Laienbruder des Dritten Ordens des Hl. Franziskus, hier niederließ und mit Genehmigung des fürstbischöflichen Konsistoriums in Wien und der Gutsherrschaft Oberlanzendorf eine Einsiedelei zur Betreuung des Kirchleins errichtete. 1696 übergab Kaiser Leopold I. den Gnadenort den Franziskanern von Wien zur Betreuung und verfügte den Bau einer Kirche (siehe oben) und eines Klosters. Die Grundsteinlegung zum Kloster, einem zweigeschossigen Vierkantbau, erfolgte am 28. April 1698 durch den damaligen Provinzial der Franziskaner, P. Franciscus Caccia. 1707 war der Bau fertig gestellt. Am 2. Juni 1707 wurde das Kloster zum Konvent erhoben. Von den 1783 durch Kaiser Joseph II. verfügten Klosteraufhebungen war der Konvent von Maria Lanzendorf nicht betroffen, da er nicht ausschließlich contemplativ orientiert war, sondern auch seelsorgerische und pfarrliche Aufgaben zu erfüllen hatte.

Kloster und Kirche waren bis 1990 im Besitz des Franziskanerordens. 1990 übergaben die Franziskaner die Anlage der Erzdiözese Wien, die dem „Oratorium des Hl. Philipp Neri“ die Sorge für Wallfahrt und Pfarre übertrug. Seit 2007 wird Maria Lanzendorf von der franziskanischen Gemeinschaft „Maria, Königin des Friedens“ betreut – und hier scheint sich der Kreis zu schließen. So wie der Begründer der Einsiedelei Mitglied des Dritten Ordens des Hl. Franziskus war, so gehört auch die franziskanische Gemeinschaft „Maria, Königin des Friedens“ wieder dem Dritten Orden an und lebt nach der am 8. Dezember 1982 von Papst Johannes Paul II. approbierten „Regel und Leben der Brüder und Schwestern vom Regulierten Dritten Orden des Hl. Franziskus“.

Kalvarienberg

Der Kalvarienberg von Maria Lanzendorf ist ein einzigartiges Dokument barocker Frömmigkeit – ein künstlich aufgebrachter Hügel, in dessen Nischen und Grotten der Leidensweg, der Kreuzestod, aber auch die Auferstehung Jesu Christi teils figural, teils bildlich nachvollzogen wird.

1699 begann der Franziskanerbruder Br. Felix Niering (auch Nüring) mit der Errichtung des Hügels aus Blöcken des Laaer-Steinbruchs und der Fertigung der lebensgroßen, überaus ausdrucksstarken Figuren. Bereits 1701 wurde der Kalvarienberg, noch unfertig, seiner Bestimmung übergeben. Am 16. August 1709 war der Bau mit der Fertigstellung der Hl. Stiege, einer Nachbildung der Stiege im Palast des römischen Statthalters Pontius Pilatus in Jerusalem (Original befindet sich heute in Rom), über die Christus nach seiner Verurteilung zur Kreuzigung gebracht worden ist, abgeschlossen. Tags darauf bestieg Kaiserinwitwe Eleonore Magdalena Theresia in Begleitung ihrer Töchter und des Hofstaates auf Knien den heiligen Ort. Die drei Altäre im Kalvarienberg, der „Auferstehungsaltar“, der „Abendmahlsaltar“  (heute nicht mehr zu sehen) und der Altar der „Verspottung Christi durch Herodes“ wurden am 12. April 1726 vom Franziskanerbischof Nikolaus Stanislavich konsekriert.

Pfarre

Der Beginn der Pfarre lässt sich nicht genau datieren. Das älteste Dokument, in dem eine bereits existierende Pfarre mit Pfarrkirche und Pfarrhof erwähnt wird, stammt aus dem Jahr 1395. Laut Bericht einer geistlichen Untersuchungskommission von 1544 waren diese Pfarrkirche und der Pfarrhof 1529 von den Türken verwüstet und nicht mehr aufgebaut worden. Die Pfarre existierte aber weiterhin und wurde von Oberlaa und St. Stephan in Wien betreut. Von der zweiten Hälfte des 16. Jhdts. an erhielt die Pfarre Lanzendorf für kurze Zeit wieder eigene Seelsorger, aber schon 1568 oder 1569 wurde die Pfarre Lanzendorf mit Oberlaa vereinigt, da die meisten Katholiken zum Protestantismus übergetreten waren. 1784 wurde die Pfarre wieder selbständig und dem Franziskanerorden inkorporiert. Ab 1784 ist das Heiligtum Pfarr-, Kloster- und Wallfahrtskirche. Das Kloster wurde gleichzeitig teilweise als Pfarrhof geöffnet.

Bis 1990 wurde die Pfarrgemeinde von den Franziskanern betreut.  Von 1990 bis Ende 2006 übernahm das „Oratorium des Hl. Philipp Neri“ die Pfarrseelsorge. Seit 1. Jänner 2007 befindet sie sich in der Obhut der franziskanischen Gemeinschaft „Maria, Königin des Friedens“ und wird von Pfarrmoderator P. Michele Pezzini geleitet.

Die Pfarre Maria Lanzendorf – Lanzendorf umfasst heute die beiden politischen Gemeinden Maria Lanzendorf und Lanzendorf. Im Gemeindegebiet von Lanzendorf befinden sich zwei Kapellen, die für das christliche Leben der Gemeinde und der Pfarre von Bedeutung sind, da sie regelmäßig für liturgische Zwecke genutzt werden. Die Kapelle im Ortsteil Unterlanzendorf entstand 1857, die Kapelle im Ortsteil Oberlanzendorf 1911, und ihre Errichtung sind Ausdruck besonderer Volksfrömmigkeit. Beide Kapellen bergen Statuen der gekrönten Jungfrau Maria mit Kind, die aus der Entstehungszeit der Kapellen stammen. Im Marienmonat Mai und im Rosenkranzmonat Oktober finden in beiden Kapellen regelmäßig Andachten statt.

Laut Schematismus der Erzdiözese Wien gehören zur Zeit 1.831 Katholiken der Pfarre an (Stand: 31.12.2023).